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Statements

Wolfgang Antritter
Arbeitsgemeinschaft Jugendliteratur und Medien der GEW (AJuM) – Vorstand

http://www.ajum.de

wolfgang.antritter@ajum.de


1. Was hat sich Ihrer Einschätzung nach im Bereich der Medienkompetenzförderung in Baden-Württemberg bislang bewährt und sollte fortgesetzt werden?

a) Baden-Württemberg hat im Gegensatz zu den meisten anderen Bundesländern ein voll funktionierendes Medienzentrennetz. Dort gibt es noch eine Menge nicht abgeforderter Möglichkeiten zur medienbildnerischen Aus-, Fort-, Weiterbildung von schulischem Personal. Der Vorteil dieser Kapazitäten ist, dass sie allein für die Medienbildung geschaffen sind und nicht – je nach schulischer Konjunktur – zum Beseitigen kurzfristiger Defizite genutzt werden können.
b) Die nur teilweise fortgeschriebenen baden-württembergischen Bildungspläne aus dem Jahr 2004 enthalten zwar nur den damaligen Stand einer fächerübergreifenden Medienbildung. In allen Fächern gibt es aber dennoch bemerkenswerte Anknüpfungspunkte für medienbildnerischen Regelunterricht sowie Projekte – Voraussetzung ist allerdings, dass qualifizierte LehrerInnen zur Verfügung stehen.
c) Angebote im Bereich der schulischen Ganztagesbetreuung eröffnen vielfältige Möglichkeiten von Medienprojekten – auch mit außerschulischen Partnern.

2. Was sind aus Ihrer Sicht die vordringlichen Aufgaben und Maßnahmen, um Medi-enkompetenzförderung in Baden-Württemberg breitenwirksam und nachhaltig in allen Bildungsbereichen zu verankern?

a) Ohne verpflichtenden Anteil an der Lehreraus- und -fortbildung wird es keine flächende-ckende Medienbildung geben, weil es dafür in der klassischen Bildungslandschaft keine Bereitschaft gibt – anders z.B. als für Musik- und Theaterprojekte.
b) Solange durchgeführte Medienbildung (qualitativ und quantitativ gemessen) kein Kriterium im Bereich der Evaluierung ist, wird sich schulische Medienbildung nur dort etablieren, wo individuelle Bereitschaft dafür besteht (sog. Leuchtturmprojekte). Der Stand der jeweiligen schulischen Medienbildung muss sich daher sowohl als Prüfungsform für die SchülerInnen als auch als Teil des örtlichen Schulprofils abbilden.

3. Was sind Ihrer Einschätzung nach die hauptsächlichen Faktoren, die bislang einer breitenwirksamen und nachhaltigen Medienkompetenzförderung entgegenstehen?

a) Für Medienbildung gibt es in der Lehrerschaft keinen breiten Konsens zur Durchführung. Gründe dafür sind einerseits bei der Lehrerschaft selbst zu suchen (kritisch-distanzierte Haltung zu Medien, fehlende Sachkenntnisse und mediendidaktische Kompetenzen, Arbeitsverdichtung). Andererseits erwarten auch Eltern eher traditionelle Inhalte. Medien-bildung gilt ihnen nur dann akzeptabel, wenn sie vor der Nutzung warnt.
b) Die kommunale Finanzknappheit erhält einen Gerätestand, der in zu vielen Einsatzbereichen das (mediale) Scheitern erwarten lässt. Der Berücksichtigung einfacher zu handhabender Techniken (z.B. Handys) stehen undifferenzierte Schulordnungen entgegen (z.B. Handy-Verbot in der Schule). Für Alternativen besteht zu wenig Kreativität.
c) Erfolgreiche Medienarbeit stößt sich zu häufig an verfestigten Schulstrukturen (z.B. 45 Minutenstunden, Schulfachsystem). Außerdem sind LehrerInnen zu wenig gewohnt, ihre Arbeit kooperativ zu strukturieren. Das überfordert jedoch im Alltag. Der Einzelkämpfer-Unterricht geht dann voll zu Lasten der medialen und kreativen Bereiche.

Jürgen Dettling
Black Dog Jugend und Medienbildung e.V. – Geschäftsführer

www.black-dog-ev.de

dettling@black-dog-ev.de

Vorbemerkung: Als Filmemacher, der zahlreiche Filmprojekte mit Jugendlichen auf professionellem Niveau durchführt, nehme ich im Folgenden Stellung zu Fragen der Medienkompetenzförderung im Bereich Film und Fernsehen. Zu umfassenden Aspekten der Medienkompetenz kann und möchte ich mich nicht äußern.


1. Was hat sich Ihrer Einschätzung nach im Bereich der Medienkompetenzförderung in Baden-Württemberg bislang bewährt und sollte fortgesetzt werden?

Gut ist die Tatsache, dass Förderung der Medienkompetenz auf ganz verschiedenen Ebenen geschieht - und deren teilweise Verzahnung (landesweite Institutionen; PHs und Fachhochschulen; Schulen; Vereine; Jugendhilfe; „unorganisierte Basis“ etc.)

2. Was sind aus Ihrer Sicht die vordinglichen Aufgaben und Maßnahmen, um Medienkompetenzförderung in Baden-Württemberg breitenwirksam und nachhaltig in allen Bildungsbereichen zu verankern?

  • Stärkere Berücksichtigung in allen Ausbildungsformen (Universitäten, Hochschulen, Schulen)
  • Systematische Grundlagenschulung der Pädagogen und Erzieher
  • Stärkere Einbeziehung der sozialpädagogischen Berufe
  • Stärkere Fokussierung auf aktive Medienkompetenz
  • Mehr Verzahnung durch landesweite Projekte und Initiativen
  • Stärkere Kooperation von schulischen und außerschulischen Initiativen
  • Ein Forum der herausragenden Resultate im öffentlich- rechtlichen Fernsehen
  • Stärkere Einbindung von Medienkompetenzförderung und medialer Praxis in zentrale gesellschaftliche Diskurse (Integrationsdebatte etc.)

3. Was sind Ihrer Einschätzung nach die hauptsächlichen Faktoren, die bislang einer breitenwirksamen und nachhaltigen Medienkompetenzförderung entgegenstehen?

  • Die mangelhafte Institutionalisierung in Ausbildung und Erziehung
  • Die ungenügende Förderung und Bündelung von Basis-Projekten
  • Die mangelhafte Berücksichtigung und Förderung von sozial und individuell benachteiligten Jugendlichen
  • Die mangelhafte Qualifizierung von Lehrern und Erziehern (z.B. haben sehr viele Leiter von Video-AGs keine bis unzureichende Grundkenntnisse im Bereich Film)
  • Die unzureichende Vernetzung der Projekte aller Ebenen

Karin Heinelt
Jugendkulturzentrum FORUM / Stadtjugendring Mannheim e.V.
Leiterin

www.forum-mannheim.de

www.girlsgomovie.de


1. Was hat sich Ihrer Einschätzung nach im Bereich der Medienkompetenzförderung in Baden-Württemberg bislang bewährt und sollte fortgesetzt werden?

Die außerschulische Medienbildung im Rahmen von Jugendverbänden oder Jugendhilfe- und Kulturinstitutionen, ganz gleich ob unter freier oder kommunaler Trägerschaft, spielt landesweit eine wichtige Rolle. Sie ist ein essentielles Lern-, Lebens- und Experimentierfeld, das gerade im Blick auf das Aufwachsen von Kindern und Jugendlichen eine optimale Ergänzung zur formalen Bildung in der Schule darstellt.
In Mannheim zum Beispiel betreibt das regionale freie Radio in hervorragender Weise Medienkompetenzförderung in freien Gruppen und auch in Schulkooperationen.

2. Was sind aus Ihrer Sicht die vordringlichen Aufgaben und Maßnahmen, um Medienkompetenzförderung in Baden-Württemberg breitenwirksam und nachhaltig in allen Bildungsbereichen zu verankern?

Eine breitere Wirkung der Medienkompetenzförderung kann unter anderem durch eine erhöhte fachliche Unterstützung, Qualifizierung und die intensive politische und ethische Auseinandersetzung zum Thema Medien für die Generation 40+ erreicht werden. Die Bedarfe beziehen sich hier sowohl auf Eltern, PädagogInnen als auch auf MultiplikatorInnen.
Den gleichberechtigten Zugang zu Medien fördern hieße, sowohl mehr zielgruppenspezifische Zuschnitte an Programmen, als auch mehr gezielte Projektförderung für heterogene Settings zu installieren. Gerade am Beispiel Gender wird dies deutlich, denn es ist doch ein ziemlich unterschiedliches Rezeptions- und Nutzungsverhalten bei Mädchen und Jungen abzulesen, man könnte fast meinen: je älter sie werden desto weiter geht dies auch auseinander. – Allein hier liegen viele Themen und Aktivierungsideen, um eine breite emanzipatorische Teilhabe an allen Medien zu fördern, die noch umgesetzt werden könnten.
Damit Medienkompetenzförderung effektiv in die Fläche wirkt, ist dringend bei den Fördermöglichkeiten für eine zeitgemäße und aktuelle Geräteausstattung, der schulischen und außerschulischen Bildungsinstitutionen und Einrichtungen der Jugendhilfe nachzubessern. Eine weitere konkrete Maßnahme wäre, das Mindestalter für die Förderung aus Mitteln des Landesjugendplans von momentan 14 Jahren auf sechs Jahre, parallel zur schulischen Bildung, herabzusetzen.

3. Was sind Ihrer Einschätzung nach die hauptsächlichen Faktoren, die bislang einer breitenwirksamen und nachhaltigen Medienkompetenzförderung entgegenstehen?

Die Bedeutung der Medienkompetenzförderung hat unglücklicherweise erst in den letzten Jahren eine breitere Resonanz erfahren, leider parallel mit der wachsenden Verknappung der öffentlichen Mittel. In der Praxis bedeutet es, dass die Anzahl der institutionell geförderten medienpädagogischen Projekte weit hinter denen, die über Projektmittel gefördert werden, zurückliegt. Nachhaltige und vor allem breitenwirksame Medienbildung ist oft aber, wie in vielen Bereichen, eine Arbeit, die gute Vorlauf- und Entwicklungszeiten benötigt, um die jeweilige Passgenauigkeit zu erreichen. Dieser Widerspruch ist schwer vereinbar. So müssen immer wieder, durch den Innovationsdruck verschiedenster Projektmittelausschreibungen, neue Projekte konzipiert werden; die Verstetigung von erfolgreichen Ideen durch Verlagerung von Projekt- auf institutionelle Förderung ist fast nicht mehr möglich.
Erfreulich ist die Tendenz, dass Medienbildung zunehmend unter dem Aspekt kultureller Bildung mit all ihren spezifischen Stärken gesehen wird. So erhält Medienkompetenzförderung die Chance wieder ganzheitlich in den Blick zu kommen.

Andreas Lutz (Dipl-Päd.)
Pädagogische Hochschule Freiburg im Breisgau, Institut für Medien in der Bildung
Funktion: Akad. Oberrat

http://www.ph-freiburg.de

andreas.lutz@ph-freiburg.de


1. Was hat sich Ihrer Einschätzung nach im Bereich der Medienkompetenzförderung in Baden-Württemberg bislang bewährt und sollte fortgesetzt werden?

Bewährt hat sich in Baden-Württemberg die Einrichtung eines Kreismedienzentrums in jedem Stadt- und Landkreis. Neben der Basisaufgaben der Medienbereitstellung für Schulen und Jugendbildung liegt die Relevanz besonders in der Beratungsfunktion. Neben der mediendidaktischen Zielrichtung wird die medienpädagogische Begleitung immer wichtiger. Die Serviceleistungen des Kreismedienzentrums Freiburg in Bezug des didaktischen Einsatzes von Medientechnik fördert in besonderer Weise Medienkompetenz, denn ohne Medientechnik ist Medienpädagogik nicht denkbar. Die Verschränkung von Medientechnik, Mediendidaktik und Medienpädagogik kommt in vorbildlicher Weise bei der Ausbildung von Schülermedienmentoren (SMEP) zum Ausdruck.
Im Bereich der Lehrer/innenausbildung leistet das Lernradio der Pädagogischen Hochschule Freiburg unverzichtbare Dienste. echo-fm wurde als lokales Ausbildungsradio gegründet. Hauptfrequenznehmer sind die Universität Freiburg und die Pädagogischen Hochschule Freiburg. Das Lernradio PH 88,4 wird gefördert von der Landesanstalt für Kommunikation Baden-Württemberg (LfK). Die Zielrichtung des Lernradios liegt nicht in der Ausbildung im Radiojournalismus, sondern in der Förderung von Medienkompetenz im Rahmen der Ausbildung von Lehrerinnen und Lehrern. Viele Kompetenzen im Curriculum der Lehramtsausbildung können durch die aktive Mitarbeit im Lernradio erworben und vor allem vertieft werden. Besonders erfolgreich ist die Verknüpfung und Fortführung der Radioarbeit in der zweiten Phase der Lehramtsausbildung im Referendariat.
In Freiburg hat sich Zisch (Zeitung in der Schule), ein Kooperationsprojekt der Badischen Zeitung und der Pädagogischen Hochschule Freiburg (http://www.badische-zeitung.de/ratgeber/zisch) bewährt. Das Besonders daran ist, dass Lehrerfortbildung und Medienbildung in der Schule (4. Klasse Grundschule und in den Klassen 7 – 9 der Sekundarstufe) integrativ verankert sind. In den vergangen fünf Jahren wurden so über 20000 Schülerinnen und Schüler mit ihren Lehrerinnen und Lehrern durch und in diesem Projekt zum Lesen und Schreiben motiviert. Neben diesen Schlüsselqualifikationen wurden vor allem Basiskompetenzen für eine demokratisch verfasste Gesellschaft erarbeitet.

2. Was sind aus Ihrer Sicht die vordinglichen Aufgaben und Maßnahmen, um Medienkompetenzförderung in Baden-Württemberg breitenwirksam und nachhaltig in allen Bildungsbereichen zu verankern?

Die größte Effizienz und Nachhaltigkeit der Förderung von Medienkompetenz im Bereich der Ausbildung von Erzieherinnen und Erziehern und von Lehrerinnen und Lehrern. Medienpraxis und Medienwissen muss einen breiteren Raum in der Ausbildung einnehmen. Die Verwiesenheit von Mensch und Medien muss im Curriculum in den Ausbildungsgängen von pädagogischen Berufen besser verzahnt werden mit den Leit- und Bezugswissenschaften. Die Reflexivität in Bezug auf Medialität und Medienpraxis in der eigenen (Lern-)Biographie bedarf einer Förderung und Vertiefung. Der Stellenwert der medialen Dimension im pädagogischen Handeln und bildnerischen Tun muss sich in der Unterrichtspraxis äußern.

3. Was sind Ihrer Einschätzung nach die hauptsächlichen Faktoren, die bislang einer breitenwirksamen und nachhaltigen Medienkompetenzförderung entgegenstehen?

a) Die zu geringe Wertschätzung der Medienbildung in den Curricula der Ausbildungsgänge für pädagogische Berufe.
b) Die Unterrichtsorganisation: In unseren Schulen haben Schülerinnen und Schüler zu wenig Zeit, sich selbsttätig mit Unterrichtsinhalten auseinander zu setzen. Damit eine vertiefte und eigentätige Wissensaneignung möglich ist, braucht man entsprechend Zeit und die notwendigen Räumlichkeiten. Die Ganztagsschule könnte hier neue Chancen bieten.